StartseiteRegionalBodenseeFriedrichshafen69 MCB-Mediziner fordern Freistellung von Chefarzt und Geschäftsführer

Medizin-Campus-Bodensee

69 MCB-Mediziner fordern Freistellung von Chefarzt und Geschäftsführer

Friedrichshafen / Lesedauer: 3 min

Der Medizin-Campus Bodensee kommt nicht zur Ruhe. Jetzt fordern dutzende Mediziner die Freistellung eines Chefarztes und Geschäftsführer Franz Klöckner.
Veröffentlicht:19.12.2023, 20:42

Artikel teilen:

Der Medizin-Campus Bodensee kommt nicht zur Ruhe. In einem als „Interner Brief“ bezeichneten Schreiben an die Aufsichtsräte des Klinikverbundes fordern fast 70 Mediziner des Klinikums Friedrichshafen die Freistellung eines Chefarztes und von Geschäftsführer Franz Klöckner.

Der Brief, der der „Schwäbischen Zeitung“ vorliegt, ist von 69 Medizinern unterschrieben, darunter mehrere Chefärzte des Klinikums, leitende Oberärzte, Oberärzte und Fachärzte.

Er ist an die „Damen und Herren des Aufsichtsrates“ adressiert und an dessen Vorsitzenden, Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand. Ein Ansprechpartner aus den Reihen der Unterzeichner ist nicht genannt.

Das Schreiben gipfelt in der Forderung, „die am Vorgang beteiligten Mitglieder der Geschäftsführung bis zum Abschluss der Aufklärung“ freizustellen. Der „Vorgang“ beschäftigt Klinikum, Politik, Stadt und Region seit zwei Wochen.

Eine Oberärztin, die seit mehreren Monaten klinikintern deutliche Kritik an Abläufen und Vorgaben geübt hatte, hatte sich Anfang Dezember mutmaßlich selbst das Leben genommen. Dies hat weithin große Betroffenheit ausgelöst.

Wurde die Ärztin zum Stillschweigen gedrängt?

Kern der Vorwürfe der Medizinerin: Ein Chefarzt habe Personal zur Betreuung schwer kranker Patienten eingesetzt, das der Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei. Dadurch sei es zu vermeidbaren Todesfällen gekommen. Dienstpläne habe er außerdem übermäßig belastend gestaltet.

Ein weiterer Vorwurf: Der Chefarzt habe keine Nachbehandlungen durch Spezialisten gewünscht, selbst wenn diese notwendig gewesen wären - so beschrieb die Ärztin ihre Sicht in Schriftstücken, die die „Schwäbische Zeitung“ einsehen konnte. Sie beklagte zudem, man habe sie zum Stillschweigen gedrängt.

Das Klinikum hat alle Vorwürfe als falsch zurückgewiesen. Der MCB verweist dabei auch auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten, das zu genau diesem Schluss komme. In der vergangenen Woche hatte der Aufsichtsrat beschlossen, den Vorgang von der Kanzlei Feigen Graf untersuchen zu lassen.

Mediziner sind erschüttert und zutiefst betroffen

Ergebnisse sollen spätestens Ende März 2024 vorliegen. Der immer wieder zu vernehmenden Forderung, Chefarzt und Geschäftsführer zumindest vorübergehend freizustellen, folgte das Gremium nicht.

Genau dies fordern aber nun die 69 Ärzte. Man sei „erschüttert und zutiefst betroffen vom Freitod“ der Oberärztin, heißt es in dem Schreiben. Man sei aber auch „entsetzt, in welcher massiven, unangemessenen Art und Weise“ mit einer geschätzten und anerkannten Kollegin umgegangen worden sei, die „zum Wohle der Patienten über interne Wege auf Missstände aufmerksam machen wollte“. Man missbillige „die Form der Fehler- und Betriebskultur ausdrücklich“.

Online-Petition sorgt für Furore

Das Schreiben nennt es „unverständlich“, dass es „keinerlei Krisenkommunikation“ zwischen Geschäftsführung und Belegschaft gegeben habe. „Führungsversagen und mangelnde Fehlerkultur“ hätte zu „massivem Vertrauensverlust“ intern, aber auch in der Bevölkerung geführt.

„Dieser Vertrauensverlust hat massive, akute Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Klinikums und gefährdet das Mitarbeiter- und Patientenwohl“, heißt es weiter im „Internen Brief“. Man halte deshalb temporäre Freistellungen für „dringend geboten“.

Für Furore sorgt derzeit auch eine Online-Petition, die sich für die Aufklärung der Vorwürfe am MCB und die Position der verstorbenen Oberärztin stark macht. Sie wurde (Stand Dienstag, 20.15 Uhr) von knapp 5200 Menschen unterzeichnet.